Alle Einrichtungen, die mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten, benötigen ein Schutzkonzept. Dies ist gesetzlich so vorgeschrieben.
Auch der Baui hat so ein Schutzkonzept, das wir hier veröffentlichen.
Das Kinderschutzkonzept des Abenteuerspielplatzes Am Brunnenhof
1. Präambel
Der Abenteuerspielplatz am Brunnenhof e.V. ist ein freier Träger der Jugendhilfe. Wir arbeiten im Bereich Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) und als Einrichtung für Sozialräumliche Hilfen und Angebote (SHA) im Bereich Familienhilfe für Kinder und Jugendliche und deren Eltern. Wir sind parteipolitisch und konfessionell unabhängig. Unsere Besucher und Besucherinnen kommen aus allen Altersgruppen.
Wir verstehen unsere Arbeit als parteilich und am Kindeswohl und Kinderschutz orientiert. Wir orientieren uns dabei an der UN-Kinderrechtskonvention und dem Kinderschutzauftrag im Rahmen des SGB VIII, insbesondere den §§ 1, 4, 8 und 8a sowie den §§ 45 und 79a.
Wir begegnen unseren Besuchern und Besucherinnen grundsätzlich mit einer wertschätzenden Haltung. Der Zugang ist bewusst niedrigschwellig gehalten. Unsere Beziehungsarbeit ist geprägt durch Freiwilligkeit des Zugangs und den besonderen Respekt gegenüber Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion und sozialem Status. (‚Der Baui ist für alle da!‘) Wir streben vertrauensvolle Beziehungen zu unseren Besuchern und Besucherinnen an, indem wir einen Raum schaffen für Erfahrungen und selbstbestimmtes Handeln. Unser offenes, lebensweltorientiertes Konzept soll Kindern und Jugendlichen helfen, ihr Leben selbstbestimmt, eigenverantwortlich und sozial ausgerichtet zu gestalten. Sie sollen sich als aktiven Teil der Gemeinschaft wahrnehmen können.
Die aktive Beteiligung unserer Besucherschaft bei der Angebotsentwicklung ist wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Durch den partizipativen Ansatz stärken wir bei Kindern und Jugendlichen das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Ideen, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu hören, zu sehen und umzusetzen, ist Teil unserer Qualitätsentwicklung.
Wir begreifen uns als Schutzraum für unsere Besucher und Besucherinnen. Sie haben bei uns die Möglichkeit, in einer sicheren Umgebung Rat und Hilfe zu bekommen und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Sie treffen auf Mitarbeitende mit einer wohlwollenden und für sie parteiischen Haltung. Schutz vor sexualisierter Gewalt, Machtmissbrauch und Grenzverletzung zu bieten, ist ein existenzieller Bestandteil unserer Arbeit. Wir haben einen Schutzauftrag für von uns begleitete Kinder und Jugendliche – egal, wo sie des Schutzes bedürfen und wo bzw. durch wen ihr Wohl gefährdet ist: zuhause, in der Schule, durch andere Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, auf der Straße, in sozialen Medien, in unserer Einrichtung oder irgendwo sonst.
Das vorliegende Konzept soll uns in diesem Auftrag unterstützen, Handlungssicherheit geben und es betroffenen Kindern und Jugendlichen erleichtern, Rat und Hilfestellung zu erhalten.
Der Abenteuerspielplatz bietet seinen Besuchern und Besucherinnen einen geschützten Ort, an dem sie sich selbst erfahren, sich austesten und ihre eigenen Möglichkeiten und Grenzen kennen lernen können. Hierfür bieten unser offenes Gelände und das sich dort befindliche Spielhaus viele Möglichkeiten, ohne oder mit Begleitung durch unsere pädagogischen Mitarbeitenden durch Ausprobieren wichtige Erfahrungen zu sammeln. Selbstbestimmt gestalten die Kinder ihr Handeln. Bedürfnisorientiert bieten die Mitarbeitenden Angebote für die Besucher und Besucherinnen und begleiten sie schützend im Alltag auf dem Platz. Der Besuch der Einrichtung und die Teilnahme an Aktivitäten sind generell freiwillig, was ein Grundprinzip der Offenen Arbeit ist.
Im Rahmen einer Kooperation mit örtlichen Schulen besuchen uns ca. 180 Schüler und Schülerinnen pro Woche zum Pädagogischen Mittagstisch mit anschließender Betreuung. Außerdem kooperieren wir mit dem ReBBZ in einem Projekt mit besonders betreuungsbedürftigen Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Beziehungsarbeit. Durch einen respektvollen Umgang erwerben die Mitarbeitenden das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen, was die Grundlage bietet für eine Arbeit im Sinne des Kindeswohls und Kinderschutzes.
Zu einer solchen Arbeit gehören Emotionalität, Körperkontakt und Nähe. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, die in instabilen, psychosozial schwierigen Lebensverhältnissen groß werden, was auf einen Großteil unserer Besucher und Besucherinnen zutrifft. Bei aller gewünschten und gesuchten Nähe zu ihnen liegt unser besonderes Augenmerk auf einem ausgewogenen Verhältnis von Nähe und Distanz. Grenzüberschreitendes, übergriffiges Verhalten wollen wir vermeiden.
Der Kontakt mit Kindern und Jugendlichen muss geleitet sein von der Frage: Wie viel Nähe ist notwendig, und wie viel Distanz muss eingehalten werden? Hierbei geht es um eine grundlegende Haltung gegenüber von uns abhängigen Kindern und Jugendlichen. Es muss sensibel und respektvoll eingeschätzt werden, wann Grenzen überschritten sind.
2. Macht und Machtmissbrauch
Jeder pädagogische Alltag und alle pädagogischen Beziehungen sind durch ungleiche Machtverhältnisse gekennzeichnet. Pädagogen und Pädagoginnen setzen Regeln und entscheiden über Grenzen, innerhalb derer sich Kinder und Jugendliche bewegen. Dies ist unerlässlich, da Kinder und Jugendliche vor Gefahren geschützt werden müssen, auf die sie aufgrund ihres Alters nicht immer angemessen reagieren können. Sie dahingehend zu unterstützen und zu erziehen ist unser Auftrag.
Der Weg ist das Ziel. Deshalb braucht es vor allem im Umgang mit Kindern und Jugendlichen Bezugspersonen, die verantwortlich im Sinne ihrer Schützlinge handeln und ihre Macht mit Achtsamkeit und Wertschätzung ausüben und somit Vorbild sind. Ihre Aufsichtsfunktion muss vor allem zur Gefahrenabwehr eingesetzt und es muss partizipativ gehandelt werden. Nur dadurch legitimiert sich „pädagogische Macht“.
Die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen sind der Ausgangspunkt unseres Handelns. Ihre Bedürfnisse zu erkennen und eine Angebotsstruktur zu schaffen, die ihnen weitreichende Selbsterfahrung und Selbstwirksamkeit ermöglicht, bedeutet, das Kindeswohl im Blick zu haben und den gesellschaftlichen Schutzauftrag ernst zu nehmen. Das Verhalten der pädagogischen Mitarbeitenden wird diesbezüglich untereinander reflektiert.
Machtverhältnisse müssen grundsätzlich offen thematisiert werden. Dazu bedarf es der besonderen Aufmerksamkeit durch die Betreuer und Betreuerinnen. Zuhören und Beobachten kindlichen Spiels und Verhaltens sind ein wichtiger Teil der pädagogischen Tätigkeit, um Anfänge von Respektlosigkeit, verletzendem Verhalten und Unterdrückung, Ausgrenzung und Rassismus entgegenzutreten. Die Reflektion der Interaktion von Mitarbeitenden untereinander, von Kindern und Jugendlichen untereinander und insbesondere von Betreuern und Betreuerinnen mit unseren Besuchern und Besucherinnen gehört zum pädagogischen Alltag. Da wir auch mit Eltern und Erwachsenen arbeiten, gehört auch ein Beobachten und eventuelles Eingreifen bei Gewalt von Eltern oder Nachbarn bzw. Nachbarinnen gegenüber Kindern dazu.
3. Risikoanalyse
Grundsätzlich gilt in unserer Einrichtung, dass alle Mitarbeitenden eine freundliche, wertschätzende und respektvolle Grundhaltung unseren Besuchern und Besucherinnen entgegenbringen. Wir achten auf den Schutz der Persönlichkeit und der Intimsphäre der uns besuchenden Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden.
Unsere Mitarbeitenden weisen eine besondere Sensibilität gegenüber Grenzverletzungen, sexuellen Übergriffen und sexueller Gewalt auf. Diskriminierung und Rassismus verbaler und körperlicher Art werden von uns nicht geduldet. Dieser Verhaltenskodex findet seinen Ausdruck in unseren öffentlichen Aushängen. Das wichtigste Element sind unsere „Bauiregeln“. Sie sind unser Instrument, unseren Verhaltenskodex und die uns leitenden Grundregeln und Handlungsrichtlinien für alle deutlich zu machen. Die erste Regel lautet: „Der Baui ist für alle da! Egal, ob sie klein oder groß, dick oder dünn, schwarz oder weiß, mit Handicap oder ohne zu uns kommen!“ Die zweite lautet: „Anmache und Unterdrückung sind verboten.“
Die individuelle Entfaltung aller ist nur möglich vor dem Hintergrund gegenseitiger Toleranz und Akzeptanz. Nur in einem respektvollen, angstfreien sozialen Klima ist dies möglich. Dabei ist es wichtig, unsere Besucher und Besucherinnen dort abzuholen, wo sie stehen.
Ebenso wichtig ist es, schon den kleinsten Anfängen von Unterdrückung und Anmache entgegenzutreten. Unser besonderes Augenmerk gilt hierbei den Minderheiten und Schwächeren.
Die dritte Bauiregel besagt, dass Verstöße gegen unsere Bauiregeln mit gelber und roter Karte geahndet werden.
De facto geben diese drei Grundregeln unseren Besuchern und Besucherinnen Klarheit und machen sowohl das konkrete Handeln durch die Mitarbeitenden als auch dessen Rahmen deutlich. Sie hängen für alle lesbar, von Kindern selbst geschrieben, im Spielhaus an einer Wand.
Darüber hinaus hängen in unserer Einrichtung diverse Plakate, die unseren Besuchern und Besucherinnen den Rahmen, in dem wir uns pädagogisch bewegen, verdeutlichen. So gibt es Plakate von UNICEF, die die UN-Kinderrechte benennen, es gibt zum Teil von Kindern mitgestaltete Bilder, die sich in Bildersprache gegen Gewalt aussprechen, und es gibt klar erkennbare Infos über Kontaktstellen, an die sich unsere Besucher und Besucherinnen in Fällen von häuslicher oder sexueller Gewalt, ob in der Familie, im Freundeskreis oder auf dem Baui selbst, wenden können. Ein weiteres sehr wichtiges Instrument ist unsere wöchentlich stattfindende Spielplatzversammlung. Diese lädt alle Besucher und Besucherinnen dazu ein, Themen und/oder Fragen, die sich ihnen stellen, im großen oder kleinen Rahmen anzusprechen.
Es erfordert manchmal großen Mut für einzelne Kinder, sich zu trauen, vor allen anderen Kritik oder ihnen nahegehende Themen anzusprechen. (Im kleineren, geschützten Rahmen gibt es jederzeit die Chance, bestimmte Dinge anzusprechen und mit anderen zu klären und dabei die Meinung anderer zu hören.) So erfahren die Kinder und Jugendlichen, dass das miteinander Sprechen das bessere Mittel zur Konfliktlösung ist. Für uns ist dies ein wichtiges Stück gelebter Demokratie. In der Regel wird die Spielplatzversammlung von einem Kind und einem Mitarbeitenden vorbereitet und geleitet. Die Themen hängen öffentlich aus, und wenn alles gut läuft, gibt es auch ein aushängendes Protokoll. Die Kinder und Jugendlichen und auch Erwachsene können im Laufe der Woche wichtige Themen, Kritik, Lob und Wünschein einen öffentlich zugänglichen Postkasten einwerfen. Dies geht natürlich auch anonym.
In unserer Einrichtung gibt es mehrere sehr unterschiedliche Settings. Da ist zum einen der Bereich Offene Arbeit, der sich nicht nur auf den weitgehend überschaubaren Raum des Spielhauses, sondern über ein ca. 2.500 Quadratmeter großes, mehr oder weniger überschaubares Gelände erstreckt. Desweiteren arbeiten wir mit Vorschul- und Schulklassen im Rahmen der schulischen Nachmittagsbetreuung. Darüber hinaus arbeiten wir in Spiel- und Sportgruppen und Gendergruppen und in der Einzelberatung. Schließlich betreuen wir Kinder, Jugendliche und Jungerwachsene auf Ferienfreizeiten und Internationalen Jugendbegegnungen. Für alle diese Bereiche gilt unser bereits beschriebener Verhaltenskodex. Es ergeben sich jedoch unterschiedliche Bedingungen, die ihre jeweils besondere Aufmerksamkeit erfordern.
Offene Arbeit
Da ist zunächst einmal ein großes Gelände, das bestückt ist mit diversen Spielgeräten, Bauten sowie Büschen und Bäumen. Es bietet den Besuchern und Besucherinnen vielfältige Spiel- und Erkundungsmöglichkeiten, bietet aber auch die Gelegenheit für Rückzug. Dies ist so gewollt und Teil unseres Konzeptes. Gleichzeitig birgt es durch seine Unüberschaubarkeit auch die Möglichkeit und die Gefahr, dass Übergriffe von Kindern untereinander nicht erkannt und gesehen werden. Um dies zu verhindern, bedarf es einer angemessenen und gut aufgestellten Betreuung. In täglichen Absprachen wird dies gewährleistet. Da unsere Besucherschaft während des Betriebes zahlenmäßig schwankt, müssen Absprachen, wer wo und wann die Aufsicht übernimmt, oft mehrmals täglich getroffen werden. In der Regel – außer bei hohem Krankenstand – wird der offene Betrieb durch drei bis vier Kollegen und Kolleginnen betreut, so dass Gefahren und Gefährdungen in der Regel rechtzeitig erkannt werden und ihnen entgegen getreten werden kann.
Das Spielhaus ist nur im Winter und bei sehr schlechtem Wetter der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit. Ansonsten sind nur der Flurbereich und der sich dort befindende Sanitärbereich geöffnet. Die Gruppenräume sind für unsere Besucher und Besucherinnen nur betreut zugänglich. Da während des offenen Betriebes aus dem Haus heraus die Ausgabe von Spiel- und Werkmaterial erfolgt, ist der Sanitärbereich, in dem es eventuell zu Übergriffen kommen könnte, durch mindestens einen Betreuer einsichtig und betreut.
Unbekannten erwachsenen Besuchern und Besucherinnen gilt unsere Aufmerksamkeit. Wir gehen auf diese zu, fragen sie nach dem Grund ihres Besuches und bieten uns als Gesprächspartner an, zeigen so aber auch deutlich, dass sie beobachtet werden und dass es Aufsichtspersonen gibt.
Ein großes Hilfsmittel für Kinder und Erwachsene ist unsere Arbeitskleidung. Deutlich erkennbar für alle großen und kleinen Besucher und Besucherinnen tragen alle Mit6 arbeitenden entweder rote Kapuzenpullover, Westen oder T-Shirts mit dem Logo des Bauis. Damit ist allen sofort ersichtlich, an wen Fragen zu richten sind und wer Verantwortung trägt.
Natürlich können auch Mitarbeitende ins Fadenkreuz von Übergriffen durch Eltern oder Anwohnenden geraten. Es kommt gelegentlich vor, dass sie Opfer von Wut und Anmache werden. Die Gründe liegen dann nicht immer in pädagogischen Konflikten, sondern manchmal wird einfach Dampf abgelassen.
Es kommt auch, wenngleich sehr selten, vor, dass Betreuer oder Betreuerinnen zum Objekt von Übergriffigkeit werden, wenn Besucher oder Besucherinnen meinen, intim werden zu wollen, womit eindeutig Grenzen überschritten werden.
Vorschul- und Schulklassen
An mindestens zwei Vormittagen in der Woche arbeiten wir auf unserem Gelände mit einer Gruppe, die sonderpädagogisch betreut wird. Diese Gruppe von bis zu fünf Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren wird begleitet von Pädagogen der zuständigen Schule und einem Mitarbeiter des Abenteuerspielplatzes. Hier liegt also ein außergewöhnlich guter Betreuungsschlüssel vor. Die Herausforderung und Gefahrenabwehr besteht hier in der sonderpädagogischen Betreuung, da es sich hier um äußerst verhaltensauffällige und zum Teil traumatisierte Kinder mit einem hohen Förderbedarf handelt. Einige dieser Kinder haben selbst auch die Erfahrung körperlicher Übergriffe gemacht. In der Arbeit mit dieser Gruppe sind die Pädagogen oft mit den Konsequenzen dieser Erfahrungen konfrontiert.
An vier Nachmittagen pro Woche besuchen uns insgesamt acht Schulklassen mit jeweils ca. 20 bis 25 Schulkindern im Grundschulalter. Diese Kinder sind noch sehr unterschiedlich entwickelt in ihrem körperlich-motorischen Verhalten und, da es sich in der Regel um Erstklässler bzw. Erstklässlerinnen handelt, auch im Sozialverhalten sehr betreuungsintensiv. Jede Klasse wird von einem Erzieher oder einer Erzieherin der Schule begleitet, und wir als Team stellen in der Regel drei weitere Betreuer oder Betreuerinnen. Der regelmäßige Austausch zwischen dem Bauiteam und den Kollegen und Kolleginnen aus der Schule ist hierbei sehr wichtig, vor allem um verhaltensauffällige Kinder angemessen zu integrieren und sie vor sich und anderen zu schützen.
Während dieser Betreuungszeit sind bei schlechtem Wetter auch Spielräume im Spielhaus für die Kinder geöffnet. Zum Teil halten sich mehrere Kinder auch allein in diesen Räumen auf. Es besteht jedoch zu jeder Zeit eine Betreuung vor Ort. Es wird in kurzen Zeitabständen nachgeschaut, und die Türen sind stets geöffnet.
Spiel- und Sportgruppen und Gendergruppen
Einmal in der Woche besuchen wir mit ca. 8 bis 15 Kindern das Schwimmbad in der Holstenstraße. Die Gruppe wird in der Regel von so vielen Kollegen oder Kolleginnen begleitet, dass ein Betreuungsschlüssel von etwa eins zu vier besteht und jeweils für die Mädchen eine weibliche und für die Jungen eine männliche Begleitung vor Ort ist.
In den Spiel- und Gendergrupppen (Mädchen- und Jungengruppe im Alter von 8 bis 12 Jahren) ist stets eine Betreuung von jeweils zwei Kollegen bzw. Kolleginnen des gleichen Geschlechts gewährleistet, sodass ein Vier-Augen-Prinzip gilt. Diese Gruppen umfassen jeweils etwa 10 Kinder und sind daher sehr überschaubar. In jeder dieser Gruppen legen wir großen Wert auf eine Willkommenskultur. So gibt es am Anfang jedes Treffens eine Befindlichkeitsrunde. Damit werden die Achtsamkeit der Kinder und ihre Verantwortung für die Gruppe und sich selbst gefördert und trainiert.
Da ab dem Alter von acht Jahren die Ausbildung einer sozialen Identität und der Geschlechterrolle zunimmt, spielt im Rahmen der Genderarbeit die Aufmerksamkeit gegenüber Anmache und Unterdrückung, insbesondere der sexuellen, eine wichtige Rolle. Die Inhalte von Geschlechterrollen werden thematisiert. Auch dies geschieht unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohles und der freien Entscheidung eines jeden Kindes, welche Eigenschaften es „geschlechtskonform“ und welche es „geschlechtsdivers“ ausprägen möchte. „Ich bin anders als du, das haben wir beide gemeinsam“ – unter diesem Motto ist unser Ziel die Ausprägung einer Persönlichkeit mit individuellen, geschlechtsunabhängigen Eigenschaften und einer gefestigten Selbstakzeptanz. Neuere Forschungen belegen, dass dies das Fundament für resiliente Kinder und Jugendliche ist.
Einzelberatung
Die Beratung von in der Regel Jugendlichen, Jungerwachsenen und Erwachsenen findet in Räumen statt, die sich zwar abseits des offenen Bereichs befinden, jedoch durch ein in der Tür befindliches Fenster einsichtig und nie verschlossen sind. Gespräche mit Kindern finden in der Regel zu zweit statt aus Gründen der gegenseitigen Ergänzung sowie der besseren Wahrnehmung und Auswertung für das weitere pädagogische Vorgehen.
Ferienfreizeiten
Ferienfreizeiten sind immer eine besondere Herausforderung sowohl für die teilnehmenden Kinder als auch für die Betreuer und Betreuerinnen. Die Verantwortung für das Wohl der uns anvertrauten Kinder ist groß. Beziehungsarbeit in diesem Kontext heißt, das natürliche Bedürfnis nach körperlicher Nähe von Kindern zu Erwachsenen zuzulassen, die Intimsphäre jedoch zu wahren und Grenzen zu setzen, wo es notwendig ist. Dies gilt sowohl für Spielsituationen als auch für den Bereich der Körperpflege und der Schlafsituation. In den Schlafbereichen gilt, dass zum Schutz der Kinder in jedem Schlafraum ein gleichgeschlechtlicher Betreuer untergebracht ist. Die Kinder schlafen nach Geschlechtern getrennt.
Da die Kinder jeweils in kleinen Gruppen von 4 bis 6 Kindern ein Zelt oder eine Hütte bewohnen, haben sie in diesem Rahmen auch die Möglichkeit, selbst Verantwortung für die Gruppe und ihr Wohlergehen zu übernehmen. Im Rahmen des Alltags, des gemeinsamen Duschens oder des Essens ergeben sich auch Unstimmigkeiten und Konflikte, die in Zeltversammlungen oder informellen Gesprächen der Kinder untereinander thematisiert und geklärt werden.
Internationale Jugendbegegnungen
Fester Bestandteil unserer Arbeit ist unsere internationale Jugendgruppe, die sich wöchentlich trifft. Sie ist zusammengewürfelt aus Jugendlichen vieler Nationen. Einige Mitglieder haben einen Migrationshintergrund, dabei aber die deutsche Staatsbürgerschaft, wieder andere sind Geflüchtete, die in dieser Gruppe einen wichtigen Ankerpunkt gefunden haben. Die Gruppe besteht aus 15-20 Jugendlichen und Jungerwachsenen im Alter von 15 bis 25 Jahren. Sie ist entstanden aus dem Bedürfnis, alltäglich erlebtem Rassismus etwas entgegenzusetzen. Insofern sind Machtmissbrauch und Gewalt immer wieder Themen in dieser Gruppe, da viele genau dies im Alltag vielfältig erfahren.
Die Gruppe ist sehr konstant in der Zusammensetzung. Begleitet und betreut wird sie von einem sehr erfahrenen Kollegen, der selbst mehrsprachig und sehr sensibel bemüht ist, Verständigung und Integration zu vermitteln. Es herrscht eine große Vertrautheit und eine freundschaftliche Atmosphäre in der Gruppe, die von der Teilnahme an verschiedenen internationalen Jugendbegegnungen herrührt und viel trägt.
Bei diesen Jugendbegegnungen geht es einmal jährlich in die Ferne. Es existiert ein Netzwerk von Partnergruppen aus acht europäischen Ländern. Jeweils eine dieser Gruppen lädt jährlich ein und ist Gastgeberin für insgesamt etwa 60 Jugendliche.
Inhaltliche Schwerpunkte sind kultureller Austausch und Verständigung. Hierfür finden parallel zu Freizeitaktivitäten Workshops und Sprachkurse statt – für die Teilnehmenden ein großes Abenteuer, bei dem sie neugierig sein dürfen, aber auch achtsam und offen auf die Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden gehen.
Auf Neues nicht mit Ablehnung zu reagieren, sich Missverständnissen zu stellen und sie zu klären, Vertrauen zu haben und zu lernen, an eigene Grenzen zu kommen oder über sie hinaus zu gehen sind die Herausforderungen für die Jugendlichen, getreu dem Motto „Open your hearts – open your minds!“
Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Kontext dem Umgang mit Drogen und dem Respekt gegenüber der Intimsphäre jedes und jeder einzelnen. Generell muss hier immer auch der unterschiedliche kulturelle Umgang mit Drogen berücksichtigt werden.
Alkohol und Tabak sind nicht grundsätzlich verboten, es wird jedoch auf einen maßvollen Konsum geachtet, insbesondere bei noch nicht volljährigen Teilnehmenden.
Den erwachsenen Teilnehmenden gegenüber wird der Drogenkonsum gegebenenfalls thematisiert. Die meisten von ihnen kommen aus prekären Verhältnissen, und der Umgang mit Drogen und Drogenmissbrauch sind vielen von ihnen aus ihrem familiären Kontext bekannt – was nicht unbedingt heißt, dass sie damit umzugehen wissen.
Das internationale Team aus erfahrenen Kollegen und Kolleginnen begleitet die Jugendlichen sehr dicht. Es gibt regelmäßige Teamtreffen und bei Bedarf intensive informelle Gespräche. Nachts gibt es immer ein Team, das Nachtwache hält, und es gibt klare Zuständigkeiten.
4. Prävention: Prinzipien und Strukturen
Teamstrukturen: Kommunikation, Dokumentation und Qualitätssicherung
Zur Reflektion des Alltags mit den Kindern und Jugendlichen arbeitet unser Team in einem eng gesteckten, gut strukturierten Rahmen. So gibt es stets mittägliche Absprachen, wer für welchen Bereich im Spielhaus oder auf dem Platz verantwortlich und dort Ansprechperson ist. Falls Gefahrensituationen entstehen, gibt es eine klare Zuständigkeit. Sollte diese Person eine Situation nicht allein bewältigen können, holt sie Hilfe.
Wichtigster Teil der täglichen Reflektion ist das abendliche Protokoll. Alle Kollegen und Kolleginnen finden nach der Schließung um 18.30 Uhr zusammen. Es wird gemeinsam besprochen, ob und mit wem es Auffälligkeiten, eventuell Gefahrensituationen oder Kritik von Besuchenden gab. Der Inhalt dieser abendlichen Besprechung wird schriftlich auf einem Formblatt festgehalten (siehe Anhang). Auffälligkeiten, die pädagogischen Handelns und eventuell einer vertieften Reflektion bedürfen, werden im Protokollbuch festgehalten. Dies geschieht auch, um bei eskalierenden Konflikten auf anfängliche Beobachtungen und deren weiteren Verlauf zurückgreifen und sie so besser einschätzen zu können.
Die tägliche Dokumentation im Protokollbuch wird in den wöchentlich stattfindenden Teamsitzungen ausgewertet. Themen, die weiteres Handeln oder der intensiven Erörterung bedürfen, werden hier nochmals aufgegriffen. Bei beobachteten Auffälligkeiten von Kindern wird abgewogen, welche Schritte einzuleiten sind. Dies kann ein Gespräch mit einem Kind oder einer Kindergruppe, den Eltern oder den zuständigen Lehrern oder Lehrerinnen sein. Es kann auch bedeuten, dass das Team beschließt, bestimmten Kindern bzw. Prozessen eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Es wird auch eingeschätzt, ob eventuell eine Gefährdung des Kindeswohles vorliegt. Gegebenenfalls muss das Jugendamt eingeschaltet werden. Bestimmte Entwicklungen bei Kindern und Jugendlichen bzw. die Hintergründe dieser Entwicklungen müssen gegebenenfalls auch im Quartier oder in einem noch größeren sozialpolitischen Kontext erörtert werden.
Weitere Instrumente der Reflektion sind das jährlich stattfindende dreitägige Teamseminar und der einmal im Jahr stattfindende Teamtag. Sie dienen der Evaluation, der Reflektion, der konzeptionellen Arbeit sowie der Jahresplanung. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Vorstandssitzungen, die wichtige sozialpädagogische und sozialpolitische Themen zum Inhalt haben und die auch der Reflektion der Arbeit vor Ort dienen.
Die Befindlichkeit des Teams als Voraussetzung für eine gut funktionierende Kommunikation und Arbeitsfähigkeit steht jeweils am Beginn jedes Teamseminars oder Teamtages. Die Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungen und Supervision tragen ihren Teil zur Reflektion und Personalfürsorge bei.
Übergeordnet beteiligt sich das Team an mehreren Arbeitskreisen, die sich mit dem Kinderschutz und dem Kindeswohl auf unterschiedlichen Ebenen auseinandersetzen.
Auf den Stadtteil bezogen sind dies das Sozialräumliche Fachgespräch und das Sozialraumteam, auf Bezirksebene der Jugendhilfeausschuss, auf Hamburger Ebene das Treffen der Hamburger Abenteuer- und Bauspielplätze, der Jungenarbeitskreis, der Mädchenarbeitskreis und der Arbeitskreis Offene Kinder- und Jugendarbeit im Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg.
Personalverantwortung
Um eine ausreichende Kompetenz der Mitarbeitenden zu gewährleisten, legen wir besonderen Wert auf ein dezidiertes Prüfverfahren bei deren Einstellung. Jede Bewerberin und jeder Bewerber muss sich nach einer im Team getroffenen Auswahl in einem ca. zweistündigen Gespräch einem ausgearbeiteten Fragenkatalog stellen.
Inhalt des Gespräches ist von unserer Seite ganz klar unser konzeptioneller Rahmen verbunden mit den Anforderungen an die einzustellende Kollegin oder den einzustellenden Kollegen unter der besonderen Berücksichtigung unseres Kinderschutzauftrages und dem für die Mitarbeitenden geltenden Verhaltenskodex.
Nachdem diese erste Stufe genommen wurde, müssen die Bewerber bzw. Bewerberinnen einen Tag zur Probe arbeiten. Danach wird entschieden, ob die persönlichen Voraussetzungen für eine Einstellung gegeben sind. Hierbei müssen alle Teammitglieder zustimmen. Ebenso wird das Vorliegen eines „Erweiterten Führungszeugnisses“ überprüft. Das vorliegende Kinderschutzkonzept wird vorgelegt, und die zukünftigen Mitarbeitenden verpflichten sich, stets innerhalb des hierin definierten Rahmens zu arbeiten.
Das gleiche Procedere gilt für alle Praktikanten, Praktikantinnen und Honorarkräfte. Auch diese durchlaufen ein Bewerbungsgespräch, haben einen Probearbeitstag, und alle Teammitglieder müssen der Einstellung zustimmen.
Da Praktikanten bereits bei ihrer Bewerbung an den Fach- bzw. Fachhochschulen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen und dieses drei Jahre gültig ist, bestehen wir bei der Einstellung nicht auf Vorlage eines solchen Dokuments. Bei Honorarkräften, die nicht in Ausbildung sind, sowie bei Quereinsteigern gilt die Notwendigkeit der Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses.
Partizipation und Beschwerdewege
Kinder sind ebenso wie Erwachsene Träger eigener Rechte. Dies ergibt sich aus dem Grundgesetz in Artikel 1, 2 und 3. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland keine ausdrücklichen Kinderechte per Gesetz etabliert hat, so ist 1991 durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention und die Einführung des SGB 8 der Anspruch auf die Entwicklung der Persönlichkeit und die Sicherung des Kinderschutzes und Kinderwohles durch ein weitreichendes festgelegtes Hilfeangebot gesetzlich festgeschrieben worden. Auch die Partizipations- und Beschwerderechte von Kindern sind dort festgehalten: § 8 benennt das Recht auf Beteiligung an Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe, und § 9a sieht ausdrücklich die Einrichtung von Ombudsstellen vor und gibt den Kindern und Jugendlichen das Recht, sich selbst an das Jugendamt zu wenden.
Beschwerdemanagement
Ausdruck einer demokratischen Grundhaltung gegenüber unseren Besuchern und Besucherinnen ist der Umgang mit Kritik. Nicht nur die Mitarbeitenden tragen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen bei, sondern diese selbst gewährleisten dies in hohem Maße. Die Niedrigschwelligkeit ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Alle sind bei uns willkommen – man muss sich einzig und allein im Rahmen unserer Regeln bewegen und diese akzeptieren.
Die Qualität unseres pädagogischen Handelns wird geschützt und gestärkt durch ein Beschwerdeverfahren, welche beinhaltet, den Kindern im Alltag zuzuhören, und welches es ihnen ermöglicht, ihre Gefühle angstfrei zu leben und zu äußern. Kritik gehört hierbei dazu. Für alle, die eine Beschwerde nicht in einem direkten Gespräch äußern können oder wollen, gibt es einen Beschwerdekasten mit beiliegenden Zetteln und Stiften. Auf diese Weise ist es allen auch möglich, eine Beschwerde vorzubringen, Kritik zu üben oder auch Vorschläge zu machen, dabei aber anonym zu bleiben.
Was angemessenes Handeln ist, muss sich immer auch der Beurteilung durch die Besucher und Besucherinnen gefallen lassen. Dies ist für die Mitarbeitenden eine Chance, Fehler zu korrigieren oder zu vermeiden. Die besten Experten und Expertinnen für ihr Leben sind die Kinder und Jugendlichen selbst – und als solche müssen sie gewertschätzt werden.
Für den Umgang mit Kritik und Beschwerden gilt, dass die Anliegen stets gehört und im Team besprochen werden. Jede Kritik und alle Beschwerden werden zunächst einmal geprüft, ohne zu werten. Auch bei emotional vorgetragener Beschwerde oder persönlicher Kritik wiegeln wir nicht ab, sondern nehmen die Anliegen ernst. Bei gravierenden Beschwerden, die nicht nur ein situativer Ausdruck von Gefühlen sind, werden eventuell andere Personen hinzugezogen. Dies können Eltern, Nachbarn oder weitere Fachkräfte sein.
Grundsätze der Haltung in unserem pädagogischen Handeln
- Wir begegnen Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe und in einer demokratischen und respektvollen Grundhaltung.
- Wir haben stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Kinder.
- Die wichtigsten Bauiregeln, Informationen zu Kinderrechten und Kontaktmöglichkeiten zu Hilfe- und Beratungsstellen hängen in verständlicher Form an verschiedenen Stellen aus.
- Es gibt regelmäßige Spielplatzversammlungen, bei der jede und jeder das Recht hat, Kritik zu üben und Vorschläge zu machen.
- Der Austausch zu Eltern und Anwohnenden ist uns wichtig.
5. Intervention und Vorgehen bei Kindeswohlgefährdung
Für jede Einrichtung ist der Verdacht, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin einem oder einer Schutzbefohlenen gegenüber einen körperlichen oder seelischen Missbrauch angetan hat, ein besonders schlimmes Szenario. In so einer Situation muss sofort gehandelt werden, alles andere steht hintan, denn ein solcher Vorfall widerspräche nicht nur unserem Schutzauftrag und unserem Verhaltenskodex, er ist eventuell sogar ein Straftatbestand. Alle Umstände müssen schnellstmöglich aufgeklärt werden, und alle Verantwortlichen müssen umgehend informiert werden und gegebenenfalls auch handeln (s. das Schaubild im Anhang).
Zum Schutz des oder der beschuldigten Mitarbeitenden vor eventueller Verleumdung, aber auch zum Beistand und Schutz gegenüber dem möglichen Opfer müssen alle Beteiligten so schnell wie möglich zu den Vorwürfen befragt werden. Situationen, die Anlass für die Vorwürfe gegeben haben, müssen genau protokolliert werden. Der oder die beschuldigte Kollege oder Kollegin arbeitet im Kontakt mit Klient*innen (je nach Schwere der Vorwürfe) nicht mehr alleine oder wird eventuell vorerst freigestellt.
Der nächste Schritt ist, in klärenden Gesprächen das Geschehen zu ermitteln. Es muss hierbei abgewogen werden zwischen einer Unschuldsvermutung für den Beschuldigten oder die Beschuldigte, die erst mal grundsätzlich gilt, und einem Ernstnehmen der Anschuldigungen des Opfers.
Bei dem Prozess, das genaue Geschehen zu klären, werden alle Beteiligten einbezogen einschließlich des Vorstands als Arbeitgeber, da eventuell arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet werden müssen. Als Unparteiische wird noch unsere Ombudsfrau und Supervisorin, Frau Anja Wild, hinzugezogen.
Erhärten sich die Vorwürfe, werden arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet. Stellen sie sich als haltlos heraus, werden klärende Gespräche mit allen Beteiligten zur Aufarbeitung und Schadensbegrenzung geführt. Da wir eine offene Stadtteileinrichtung sind und durch Missbrauchsfälle oder auch einen entsprechenden Vorwurf viel Vertrauen verloren gehen kann, muss dieser Prozess mit großer Gründlichkeit vorgenommen werden. Der Schutz aller Beteiligten steht dabei im Vordergrund.
Sollte das Geschehen nicht eindeutig geklärt werden können, wird der bzw. die Beschuldigte aus dem pädagogischen Alltag freigestellt. So wird zum einen sichergestellt, dass eine weitere potentielle Gefährdung auf jeden Fall ausgeschlossen ist. Zum anderen hat man so den Raum, den Wahrheitsgehalt beider Seiten noch eingehender zu überprüfen, um schließlich zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Hierbei können bei Bedarf weitere Personen, die zur Beurteilung der Situation fachlich geeignet sind, hinzugezogen werden, wie zum Beispiel Psycholog*innen, Rechtsanwält*innen, das Jugendamt oder eventuell auch die Polizei.
Bei Erhärtung der Vorwürfe wird dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin bei einem schweren Vergehen gekündigt. In leichteren Fällen kann es auch zu einem Täter- Opfer-Ausgleich kommen. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Parteien dazu bereit sind.
Sollten sich die Vorwürfe als nicht zutreffend erweisen, muss geklärt werden, wie und warum es hierzu seitens des vermeintlichen Opfers kommen konnte. Auch hier kann es sinnvoll sein, bei der Aufarbeitung Fachleute mit hinzuzuziehen. Hierbei gilt es, einerseits die Persönlichkeitsrechte des Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen, der die Beschuldigung ausgesprochen hat, im Blick zu haben und dessen Motive zu verstehen, andererseits aber auch unsere Einrichtung vor Verleumdung und Rufschädigung zu schützen.
Abschließend wird ein Bericht erstellt, der das Geschehen umfassend und transparent zusammenfasst. Dieser Bericht ist zur internen Verwendung bestimmt, geht aber auch an die Hauptbeteiligten und an das Jugendamt.
Hamburg, den 6. Juni 2023